
Die Regierung von Mittelfranken hat durch die Höhere Landesplanbehörde am 24.01.2020 einen 90-seitigen Bericht vorgelegt, in dem sie die Raumverträglichkeit der Stadt-Umland-Bahn feststellt.
Es bestand die Erwartung, dass dabei auch Alternativen eingehend betrachtet und bewertet werden, unter Einschluss von Wertungen des wirtschaftlichen Einsatzes von Steuermitteln – letzteres unterblieb.
Unsere Antwort vom 12.2.2020 finden Sie –> hier
— Die folgenden Unterlagen wurden am 13. Aug. 2019 der Regierung von Mittelfranken übergeben —
Lesen Sie auch hierzu unsere Pressemitteilung
Eine Auflistung der verwendeten Anlagen finden Sie ganz unten

Raumordnungsverfahren für die Stadt-Umland-Bahn, Einwendungen
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach entsprechenden Beschlüssen der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Stadt-
Umlandbahn am 7. Juni 2019 wurde am 4. Juli 2019 das Raumordnungsverfahren eingeleitet.
Als unmittelbar Betroffene – hier insbesondere bzgl. einer Schienenanbindung von
Herzogenaurach – möchten wir qualifiziert Stellung nehmen.
Wir haben die folgenden Einwendungen:
1. Nicht sachgerechte Einschränkung der Alternativen-Vorauswahl
Die besonderen wirtschaftlichen Rahmendaten der Stadt Herzogenaurach (s. Anlage 1) –
u.a. mit den drei Weltfirmen adidas, Puma und Schaeffler – verursachen zunehmende
Verkehrsprobleme:

(jeweils bestverfügbare Daten aus Presse bzw. Bürgerversammlungs-Infos)
Die bisher alleinige Verkehrsabwicklung über Straßen führt zu hohen Belastungen aller
Betroffenen wie Anwohner, Beschäftigte, Besucher.
Für die dringend geforderte Verbesserung sollten alle ÖPNV-Optionen objektiv geprüft werden. Die alleinige Beschränkung auf eine Straßenbahn-Anbindung ist willkürlich und sachfremd, da sie naheliegende Alternativen wie eine existierende Eisenbahn-Trasse von vornherein ausschließt. Der Zweckverband Stadt-Umland-Bahn (StUB) hat laut Satzung die eingeschränkte Aufgabe, ausschließlich Straßenbahnen zu planen und zu bauen.
Raumplanerische Entscheidungen großer Tragweite verlangen u.E. die umfassende Untersuchung aller Alternativen in gleicher Tiefe. Diese liegt nicht vor.
Wir erlauben uns den Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württenberg vom 11.05.2016 (Az.: 5S1443/14, 5S1491/14). Die Planfeststellung für den Neubau einer Straßenbahn in Heidelberg wurde aufgehoben, da „bei der Prüfung in Betracht kommende Planungsalternativen nicht ausreichend in den Blick genommen wurden“.
2. Entscheidungsunterlagen zu StUB weit überholt und irreführend dargestellt
Die Basisstudie (Standardisierte Bewertung) für das reine Straßenbahnprojekt StUB stammt aus dem Jahre 2012, mit hier unwesentlichen Ergänzungen in 2015. Die ermittelte Vorzugstrasse hat mit einem Nutzen-Kosten-Indikator von 1,1 nur äußerst knapp die Förder-Voraussetzung erreicht. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Steuermitteln im Halb-Milliarden-Euro-Bereich sollte auf verlässlichen, aktuellen Daten beruhen. Davon kann nach heutigem Stand keine Rede sein.
In wiederholter öffentlicher Darstellung wurde behauptet, die Studie habe auch die Aurachtal-Trasse untersucht. Ein Zitate-Ausschnitt vom derzeitigen Zweckverbands-Ausschussvorsitzenden (beliebig erweiterbar):
- Trasse wurde fachlich geprüft, musste klar ausscheiden, weil sie nicht ansatzweise förderfähig ist … Es wird nur ein Kosten-Nutzen-Faktor von 0,7 erreicht (Nordbayrische Nachrichten – nachfolgend NN – v. 17.11.2016, s. Anlage 2)
- Für eine Förderung gibt es ganz klare formale Regeln, und auf der alten Bahntrasse könnten die StUB zu wenige Menschen nutzen (NN v. 8.12.2016, s. Anlage 3)
- Alle Gründe, weshalb eine Reaktivierung nicht möglich ist, stammen vom Fördermittelgeber und sind daher unumstößlich (NN vom 2.6.2018, s. Anlage 4)
Alle diese Aussagen treffen nicht zu. Die Fakten:
- Die Aurachtal-Trasse wurde in der Basisstudie (unter dem Arbeitstitel BI-Variante) nur in einem Paket mit zwei anderen Trassen (innerhalb Erlangen über Schallershof und Erlangen-Uttenreuth) zusammen geprüft. Dieses Paket wurde mit 0,77 bewertet. Der Nutzen-Kosten-Indikator der Aurachtal-Trasse allein ist bis heute unbekannt.
- Zu den Nutzerzahlen belegt die Studie das Gegenteil der Behauptungen:
Das StUB-L-Netz erreicht exemplarisch am Vergleichsquerschnitt Stadtgrenze Erlangen-Herzogenaurach 4.900 Personenfahrten /24h (S.14, aktualisierte Studie 2015, s. Anlage 5), die Taltrasse dagegen 5.700 (S.44, Studie 2012, s. Anlage 6). Zu lesen ist noch:
„..müssten bei Führung über die Aurachtalbahn in der morgendlichen Hauptverkehrszeit Verstärkerzüge eingesetzt werden..“ (S.45, s. Anlage 7), sowie
„..der über das Aurachtal geführte Ast ist gleichmäßiger ausgelastet als der Ast nach Büchenbach West“. (S.156, s. Anlage 8). - Vom Fördermittelgeber ist nur bekannt, dass entsprechende Ergebnisse von Standardisierten Bewertungsverfahren Voraussetzung von Förderungen sind, d.h. ausschließlich Fakten zählen.
Fatalerweise wurden die unzutreffenden Aussagen von anderen Behörden übernommen – und Teil ihrer Entscheidungen und Wertungen. Beispiele:
– Im Freistellungsbescheid des Eisenbahnbundesamtes vom 20.12.2017 findet sich die Aussage (S.8): „. langfristig sei im Rahmen der Zweckbestimmung eine Nutzung nicht mehr zu erwarten“. Weiter (S.9) : „ .. da die Trasse wegen zu geringem Kosten-Nutzen-Faktor bei der Variantenuntersuchung ausgeschieden ist“. Definitiv unzutreffend. Dann: „es gibt keinerlei Hinweise auf konkrete Reaktivierungsbemühungen“. Unsere Einsprüche und die Unterschriften von 2.200 Bürgern zählen da wohl nicht.
Auch in der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums Wohnen, Bau und Verkehr v. 24.4.2019 finden sich abwertende Pauschalwertungen (S.2): „zumal die Aurachtalbahn im Vergleich zur Stadt-Umland-Bahn eine deutlich geringere Erschließungswirkung hat“. Wie ist das belegt? Weiter: „..wir sehen keinerlei Anhaltspunkte für den erfolgreichen Abschluss einer standardisierten Bewertung“. Ein Blick auf die Anlagen 5 und Anlagen 6 sollte diese Sicht wiederlegen.
Zu beachten ist auch, dass bislang nur Straßenbahnlösungen umfassend untersucht wurden. Es liegt auf der Hand, dass der Betrieb einer Straßenbahn auf (teils aktiven) DB-Gleisen problematisch ist. Für eine Eisenbahn / S-Bahn hingegen wäre es kein Problem. Kürzere Fahrtzeiten, höhere Fahrgastkapazitäten (wichtig z.B. bei Schaeffler Schichtwechsel-Spitzen) und eine bessere Verzahnung ins bestehende S-Bahn-Netz wären weitere Vorteile. Nichts davon wurde bislang untersucht, trotz eindeutiger Erklärungen seitens der DB Netz AG (s. Schreiben Dr. Thomas Schaffer, Vorstand Vertrieb und Fahrplan, vom 11.1.2019, Anlage 9).
3. Kostenaussagen zur StUB
Die Kostenaussagen beruhen auf der Intraplan-Nachtrags-Studie aus 2015. Danach betragen die Gesamtkosten 224,5 Mio €, auf Preisstand 2006 (!). Von den StUB–Geschäftsführern werden aktuell Gesamtkosten von 258 Mio € auf Preisstand 2015 genannt (z.B. Florian Gräf am 5.2.2019 anl. Ortsbeirats-Sitzung Kosbach, s. Anlage 10).
Lt. öffentlichen Erklärungen des stellv. StUB-Verbandsvorsitzenden, Nürnbergs OB Dr. Maly (BR-Sendung „Jetzt red i“ vom 5.12.2018, als Podcast nachhörbar, Minute 29, Link https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/jetzt-red-i/nuernberg-jetztredi-diesel-skandal-fahrverbote-maly-metz-100.html) betragen die Gesamtkosten dagegen 500 Mio €. Es kann wohl kaum ein Versprecher sein, denn er erklärt die Summe mit 15-20 Mio € / km. Inoffiziell wurde der Erlanger Planungsleiter mit 650 Mio zitiert. Kosten von 20 baulichen Schwerpunkten, dargestellt in der Nachtragsstudie von 2015, s. Anlage 11, zeigen ein unrealistisch niedriges Niveau.
Kostensteigerungen der sich abzeichnenden Größenordnungen wären projektgefährdend, da auch die Fördermittel von Bund / Land (lt. Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) begrenzt und bereits weit überzeichnet sind. Es ist unsicher, ob in dieser Konkurrenz-Situation bundespolitische Etat-Erhöhungsabsichten (Antrag der Koalitionsfraktionen vom 7.Mai 2019) ungeplante erhebliche Kostensteigerungen der StUB decken würden, die bekanntlich nur ein wenig attraktives Nutzen-Kosten Verhältnis aufweist.
Entscheidungen auf derart unsicheren Grundlagen erscheinen uns unvertretbar.
4. Grunderwerb
Generell ist festzustellen, dass die Kosten des Grunderwerbs in allen vorgelegten Rechnungen fehlen. Die Aurachtal-Trasse ist auf Herzogenauracher Gebiet bereits im Besitz der Stadt, der Rest bei der DB. Bei einem Alternativen-Vergleich einer bestehenden Trasse mit einer neuen Trasse kann dieser klare Vorteil (Kosten, Zeit) kaum einfach ignoriert werden, insbesondere vor dem Erfahrungshintergrund des Grunderwerbs bei dem Nürnberger Straßenbahnprojekt „Am Wegfeld“ (ein „sperriger“ Eigentümer musste mit einer Million € abgefunden werden). Zum Vergleich: Einen Immobilienkäufer, der nur nach Baukosten entscheidet, ohne die Grundstückskosten, wird man nicht finden – absurd.
5. Finanzierungssituation Erlangen
Die Stadt Erlangen hat seit Jahren Schulden in Größenordnungen von 140 bis 155 Mio €.
Mit Schreiben vom 18.5.2018 nahm der Zweckverbands-Geschäftsleiter Stellung zur StUB-Finanzierung (Stadtratsantrag Erlangen 011/2018, s. Anlage 12). Danach beträgt der Eigenanteil der Stadt Erlangen 66,5 Millionen Euro (auf Basis der Gesamt-Investitionskosten von 258 Mio €). Ursächlich für die Höhe der kommunalen Mittel ist das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das bislang eine Förderung straßengebundener Bahnkörper ausschließt – und damit einen erheblichen Trassenanteil innerhalb Erlangens.
Eine Gesetzesänderung zugunsten der Kommunen erscheint fraglich, da dies den Bund-/Länderförderbedarf vieler Projekte massiv erhöhen würde – die Mittel aber bereits weit überzeichnet sind. Lt. Bundesverkehrswegeplan 2030 konkurrieren bundesweit über 2.000 Projekte.
Die o.g. Belastung kommunaler Mittel Erlangens von 66,5 Mio € beruhen auf der unsicheren Gesamt-Kosten-Aussage von 258 Mio €.
Zur Erinnerung: Am 20.5.1997 hat die Regierung von Mittelfranken ein Vorläufer-Projekt mangels einer gesicherten Finanzierung durch die Stadt Erlangen, auch der Folgekosten abgelehnt (s. Anlage 13). Geschieht dies aus gleichen Gründen erneut, würden die Herzogenauracher / z.T. Erlanger Probleme auf lange Zeit ungelöst bleiben – trotz der überragend guten Nutzer-Daten (s.o.). Die strikte Verweigerung einer ernsthaften Prüfung ist auch vor diesem Hintergrund nicht vertretbar.
6. Nutzenaussagen zur StUB in der 2012er Studie
Die Nutzen-Daten stammen aus 2005 und wurden auf das Prognose-Bezugsjahr 2025 in z.T. nicht nachvollziehbarer Form hochgerechnet (Details dazu stehen im Anhang I der Intraplan-Studie von 2012). In der Nachtragsstudie 2015 erfolgten nur marginale Anpassungen, obwohl das Großprojekt Siemens Campus mit 14.000 Mitarbeitern längst bekannt war. Es wurde ignoriert.
Der Siemens-Campus ist „eines der größten Immobilienprojekte Deutschlands, in Erlangen der größte Umbau seit Ende des zweiten Weltkrieges“ (FAZ v. 7.12.2016, s. Anlage 14), Bausumme 500 Mio €, bereits in Bau, liegt unmittelbar an der S-Bahn-Trasse, nah am Bahnhof Bruck, und wird von der StUB jedoch nur entfernt bedient (anders als behauptet: Friedrich Bauer Straße, d.h. 15 Min. Fußweg zu den Modulen 1 und 2).
Im Umfeld des Brucker Bahnhofes ist auf dem Areal einer früheren Industrie-Brache des Weiteren ein neuer Stadtteil entstanden, u.a. mit dem 100 Mio € „Brucklyn“-Projekt eines Investors (s. Anlage 15) – auch diese Entwicklung blieb unberücksichtigt.
Zu öffentlicher Verwunderung führte, dass vor wenigen Monaten die Nutzerzahlen für die StUB (von Erlangen nach Herzogenaurach) „über Nacht“ auf 10.800/24h mehr als verdoppelt wurden (s. Anlage 16); der Nutzen-Kosten-Indikator blieb in dieser Rechnung aber überraschend bei 1,1 stehen. Indirekt ist zu folgern, dass sich die Kosten stark erhöht haben müssen, rein rechnerisch ergäben sich 569 Mio € (Faktor 2,2). Fragen dazu blieben unbeantwortet.
Der Zweckverband StUB schrieb bzgl. der Erhöhung der Nutzerzahlen (auf Nachfrage) am 21.1.2019: „Die aktuelle Prognose mit Blick auf das Jahr 2030 basiert auf den Daten, die wir von der Stadt Herzogenaurach erhalten haben“.
Es macht den Eindruck, dass hier mit den wichtigsten Entscheidungsgrundlagen nach Belieben gespielt wird. Um Wahrheiten zu erhöhten Kosten (s.o.) vorzubauen, müssen wohl höhere Fahrgastzahlen genannt werden, damit der Nutzen-Kosten-Indikator noch bei 1,1 liegt.
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) schreibt für SPNV-Projekte eine Mindestnutzerzahl von 1.000 Reisenden pro Tag vor. Die genannten 10.800 Nutzer pro Tag würden diesen Schwellenwert um den Faktor 11 übertreffen. Selbst wenn man nur die Hälfte ansetzt, wird der Schwellenwert um ein Vielfaches übertroffen. Hinzu kommen die bisher nicht berücksichtigten Entwicklungen entlang der Aurachtaltrasse, z.B. der Siemens Campus, Brucklyn, eine Verlagerung von Schaeffler-Bereichen nach Frauenaurach (600 Mitarbeiter). Das Potenzial ist geeignet für einen Spitzenplatz in Bayern. Mehr als ausreichend auch für eine Kombination mit einer (modifizierten) StUB, die überschneidungsfrei einen anderen Korridor (Büchenbach – Herzogenaurach-Nord) bedienen könnte.
7. Streckenführung der StUB
Die Streckenführung von Nürnberg nach Erlangen und innerhalb Erlangens nach Büchenbach kann möglicherweise Erlanger, speziell Büchenbacher Bedarf decken. Zur Fortsetzung via Büchenbach nach Herzogenaurach urteilte der DB-Wissenschaftler Dr. Fabian Walf in einer Fachstudie zum Thema „S11 Erlangen Hbf – Herzogenaurach / Arbeitsmaterialien“, s. Anlage 17:
- „Geringe, nicht unbedingt straßenbahnwürdige Belastung westlich Büchenbach“ (Seite 20)
- „Geringer Nutzen für Herzogenaurach“ (Seite 20)
- „StUB-Abschnitt nach Herzogenaurach generiert trotz hoher Investitionen nur geringe Nachfrage“ (Seite 21)
- „Knifflige Querschnittsgestaltung in Herzogenaurach“ (Seite 21)
Es konnte nicht geklärt werden, warum die namentliche Verwendung dieser 25-seitigen, fundierten Studie (die politisch nicht ins Bild passt), vom Autor nicht autorisiert wurde (werden durfte?).
8. Nachhaltige Beeinträchtigung der Alternative „Aurachtal S-Bahn“
Zur Irritation vieler Herzogenauracher Bürger fanden mitten in der Entscheidungsphase zum Schienen-Anschluss, vor Abschluss des Raumordnungsverfahrens, nachhaltige Demontagen der Aurachtalbahn-Trasse statt.
Auf Betreiben des Bürgermeisters und seiner Stadtratsmehrheit wurde in zwei Verfahren die Entwidmung von Trassenabschnitten vollzogen, die 125 Jahre Bestand hatten:
- Entwidmung I, Bescheid 20.12.2017: Ein 350m langer Abschnitt wurde entwidmet zugunsten der (umstrittenen, u.a. gegen die BI „Herzo-Süd bewahren“) geplanten Süd- Umgehungsstraße. Zu demselben Projekt ist bei Neuses noch eine 5,7m hohe Brücke zum Erhalt der Bahntrasse geplant; im Bereich Schaeffler soll die Trasse dagegen der Straße geopfert werden. Der eklatante Widerspruch konnte nicht erklärt werden.
- Entwidmung II, Bescheid 18.03.2019: Der 750 m lange Endbereich wurde entwidmet zugunsten einer Nutzung durch Schaeffler, ohne dass ein konkreter Bedarf seitens Schaeffler bekannt wurde – also auf ausschließliche Initiative der Stadt Herzogenaurach.
Aktuell (aus einem Dringlichkeitsantrag der Stadtratsfraktion Erlanger Linke vom 24.7.2019) wird bekannt, dass zur Zeit ein Verfahren läuft, im Bereich des Bahnhofes Frauenaurach Gleise und Weichen zu entfernen.
Es liegt der Verdacht nahe, dass diese äußerst forciert durchgeführten Vorgänge (im Schreiben vom 8.Mai 2017 an das EBA nannte der Herzogenauracher Bürgermeister sogar seine Handy-Nummer „damit Sie mich jederzeit mobil erreichen können“) vorrangig das Ziel haben, eine StUB-Alternative auch auf diesem Wege zu beschädigen.
Dazu passt, dass im Mai 2017 im Bereich der Hauptendorfer Straße „über Nacht“ Gleise herausgerissen wurden, angeblich auf Betreiben von Anwohnern aus Lärmschutzgründen. Eine Befragung ergab: Keinem Anwohner war etwas bekannt.
9. Erhebliche Auswirkungen auf Siedlung, Natur und Landschaft
Die geplante StUB-Trasse hat erhebliche negative Auswirkungen: Sie fördert in massiver Form eine Zersiedlung angrenzender Bereiche, die bisher unberührt naturnah sind oder landwirtschaftlich genutzt sind. Flächenfraß größten Ausmaßes wird induziert. Die Zerschneidung greift ein in seit Generationen betriebene landwirtschaftliche Nutzungen. Besondere Sichtbarkeit inmitten dieser anmutigen Landschaft mit Wiesen, Weihern, Wäldern entsteht durch lange Rampen zu Überführungen, u.a. zu Autobahnen, Regnitz und Kanal.
Hoch umstritten ist die geplante neue Querung des Landschaftsschutzgebietes Regnitztal. Es hat sich die Bürgerinitiative „StUB ja, aber keine Kosbacher/Wöhrmühl-Brücke“ gebildet, die mit Nachdruck dafür eintritt, den Talgrund „mit seiner immensen Bedeutung für die Naherholung und Natur“ verkehrsfrei zu halten. Derartige Nachteile entfallen bei der Reaktivierung von Bestandstrassen.
10. Nutzen für Herzogenaurach
Die StUB soll (so der Stadtrat von Herzogenaurach) vorrangig eine „Pendlerbahn“ sein.
Vom Bahnhof Erlangen bis zum Bahnhof Herzogenaurach sind es 14 Haltestellen mit
entsprechend langer Fahrzeit. Auch der Experte Dr. Walf zweifelt an, ob Pendler zum mit Abstand größten Arbeitgeber Schaeffler (10.000 Mitarbeiter) dieses Angebot akzeptieren. Schaeffler leidet unter permanentem Parkplatzmangel, trotz alljährlicher massiver Erweiterung der Parkplätze, ein Ausweg aus dieser Situation ist überfällig – die S-Bahn Lösung liegt vor der Haustür.
Eine aktuelle Studienarbeit zu Pendlerströmen belegt die Schwerpunktrichtung Nürnberg / Fürth aus Herzogenaurach, ein klarer Vorteil für eine Trassenführung über Bruck.
Adidas und Puma (5.500 und 1.000 Mitarbeiter), am StUB-Nordkorridor gelegen, verfügen über einen 4-spurigen, schnellen Straßen-Anschluss und nahe Parkplätze, eine besonders MIV-vorteilhafte Situation. ÖPNV hat hier einen geringeren Stellenwert.
11. StUB-Trassen in Herzogenaurach
Es wurden u.a. die folgenden Trassen vom ZV untersucht:

Nach Angaben des ZV braucht man bei der Lohhoftrasse eine Brücke, um den Hans-Ort-Ring zu überqueren, was diese Variante verteuert und daher zu einem schlechteren Ergebnis führt.
Bei der Variante über die Rathgeberstraße, dem Charakter nach eine Anwohnerstraße mit Einfamilienhäusern, soll die StUB dagegen niveaugleich (d.h. ohne Brücke) den Hans-Ort-Ring queren. Nur dadurch, dass bei dieser Variante – an gleicher Stelle – keine Brücke vorgesehen wurde, ist sie kostengünstiger und hat daher besser abgeschnitten.
Es sind massive verkehrliche Probleme zu erwarten. Die Kreuzung Hans-Ort-Ring mit der Flughafenstraße ist hochfrequentiert mit deutlich mehr als 26.500 Fahrzeugen (2010) pro Tag. Der ZV meint dazu, mit einer „intelligenten Ampellösung“ lässt sich das lösen.
Das staatliche Bauamt, zuständig für den Hans-Ort-Ring, äußert Zweifel, ob diese Kreuzung auf lange Sicht das Verkehrsaufkommen verkraften kann.
Die StUB soll täglich bis zu 100 Mal durch die Rathgeberstraße fahren, die zum größten Teil eine Anwohnerstraße ist. Werktäglich fahren hier derzeit 7.500 bis 8.000 Fahrzeuge mit entsprechendem Dauerlärm. Durch die StUB wird der Lärm noch verstärkt. Die nachhaltige Überschreitung gesetzlicher Vorgaben (BauBG §1 Abs. 6 und 7c) ist zu erwarten.
Wie soll eine so belastete Nord-/Süd-Verbindungsstraße noch zusätzlich eine Straßenbahn aufnehmen?
Es kommen weitere Probleme hinzu:
- Die Rathgeberstraße ist nur 7m breit, die Schienen würden damit die Straße beherrschen: hohes Unfall Risiko für Radfahrer.

- Die Einmündung der Rathgeberstraße in die Flughafenstraße ist problematisch, da der technisch notwendige Radius ohne Eingriff in Privatgrundstücke, d.h. Enteignungen nicht möglich ist.
- Etliche Anwohner – insgesamt 27 – haben ihre Ausfahrt zur Rathgeberstraße hin; es besteht ein hohes Unfallrisiko aufgrund enger Ein- und Ausfahrten.
- Sonderverkehre wie Lieferdienste (z.B. Heizöl), Umzüge, Müllabfuhr, Notdienste sind ohne massive Störungen nicht lösbar.
Die genannten Probleme sind exemplarisch für Schienen auf
Straßen. Es ist nachvollziehbar, dass
Bund / Länder eine derartige Problem-Verursachung nicht fördern.
Die genannten erheblichen Nachteile haben zur Gründung der Bürgerinitiative Rathgeberstraße geführt. Es besteht
Einvernehmen, alle rechtlichen Möglichkeiten zur Abwehr zu ergreifen.
12. Alternative Aurachtalbahn
Zwischen Herzogenaurach und Erlangen-Bruck befindet sich die seit 1984 zum Teil stillgelegte Bahntrasse im Aurachtal (vergleichende Darstellung s. Anlage 18). Die Reaktivierung der Aurachtalbahn als S-Bahn bietet sich als naheliegende Lösung an.
Vorteile sind:
- Anbindung an das große S-Bahn-Netz der Metropolregion, mit größerer Nähe zu den Zentren Nürnberg und Fürth als über Bhf. Erlangen, was merkbar weniger PKW auf die Straße brächte
- Wenige Haltestellen vom Bahnhof Bruck bis zum Bahnhof in Herzogenaurach, geringe Fahrzeit
- Die Trasse ist vorhanden, keine neuen Ackerflächen werden verbraucht, kein Flächenfraß, kein Grunderwerb notwendig
- Von Erlangen bis Frauenaurach ist die Strecke bereits elektrifiziert und in täglichem Gebrauch
- 5 große Brückenbauwerke im Stadtgebiet von Erlangen sind vorhanden, intakt mit Oberleitungen
- Die Aurachtalbahn ist die direkteste und schnellste Verbindung von Erlangen nach Herzogenaurach. Sowohl für Pendler zum Siemens-Campus als auch zu Schaeffler als auch für die Bürger zum Einkauf, Uni-Klinik-Besuch, Landratsamt, Uni
- Die (von Fachleuten geschätzten) Kosten von ca. 30 – 50 Mio. Euro sind vergleichsweise niedrig – Grössenordnung 1/10 der erwartbaren StUB-Investitionen
- Eine Reaktivierung wäre vergleichsweise schnell realisierbar (für die StUB werden 10 Jahre bis zum Baubeginn und 2,5 Jahre Bauzeit genannt (Florian Gräf am 5.2.2019, Anlage 10)
- Auch für den Güterverkehr geeignet, wertvolle Option für Schaeffler
- Niederndorf würde durch die Aurachtalbahn verkehrsmäßig stark entlastet
- Schienen-Anbindung auch von Hauptendorf, Niederndorf, Frauenaurach, Neuses, Kriegenbrunn, Bruck – alle nicht durch die StUB bedient
- Die Option einer Verlängerung im Aurachtal bis Emskirchen (dort mit ICE-Anschluss) erschließt Potential für die erweiterte Region.
- Bund und Länder planen unter dem Titel „Deutschlandtakt“ einen Ausbau des ICE-Schienennetzes (s. https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/E/schienengipfel-zweiter-gutachtenentwurf.pdf). Es sollen in 10 Jahren 86 Milliarden € investiert werden u.a. für eine Neubaustrecke von Nürnberg nach Würzburg, mit einer Trassenführung westlich von Herzogenaurach. Wir sehen es als dringendes Gebot der Stunde, sich mit Anschluss-Optionen zu befassen – mit klarem weiteren Vorteil einer fortgesetzten Aurachtal-S-Bahn.
- Im Tennenloher Helmholtz-Institut erfolgen bahnbrechende Entwicklungen mit Wasserstoff-betriebenen Bahn-Antrieben, d.h. ohne aufwändige Elektrifizierung. Die Teststrecke läge „vor der Tür“, wird aber wohl in Eichstätt liegen.
Einwendungen, die Trasse ließe sich in Bruck nicht einbinden, sind nicht durch Fakten belegt und wurden von der DB widersprochen (s. Anlage 9). Einfacher Augenschein zeigt, dass bis zur Brücke Paul-Gossen-Straße Platz für 6 Gleise existiert. Daneben gibt es genügend Beispiele für einen Gleiswechselbetrieb – z.B. für die verbleibenden 3 km bis zum Bhf Erlangen:
– Zwischen Bamberg und Breitengüßbach sind es 8 km ICE-Strecke, die die Nebenbahn nach Ebern befährt.
– zwischen Nürnberg und Siegelsdorf sind es 18 km, die die Nebenbahn nach Markt-Erlbach benutzt. Diese Nebenbahn nutzt dabei seit Jahrzehnten problemlos Gleise von gleich zwei(!) ICE-Strecken (München-Hamburg und Nürnberg-Köln).
Zur Einschätzung, welche Belastungen auf einer zwei-gleisigen Trasse mit zeitgemäßer Leittechnik möglich sind, lohnt ein Blick auf die Münchener S-Bahn-Stammstrecke, s.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammstrecke_(S-Bahn_München). Details:
–
Länge 11 km, davon Tunnel 4,3 km
– Befahren von 10 S-Bahnlinien, z.T. 5 Minuten Takt
– 950 Züge / Tag
– Zugfolgezeit 72 Sekunden
– Pufferzeit 18 Sekunden
– Höchstgeschwindigkeit 120 km/h, Tunnel: 80 km/h
Aussagen des Zweckverbandes, ICE-Züge müssten anhalten, wenn S-Bahnen aus Herzogenaurach in Bruck einfahren, lösten in der Fachwelt deutschlandweit Heiterkeit aus.
13. Öffentliche Wahrnehmung
Das Thema Schienenanschluss steht im Mittelpunkt öffentlichen Interesses in Herzogenaurach.
Die o.g. eklatanten Unstimmigkeiten – und die strikte Verweigerung auch nur zu prüfen – haben zur Gründung der Bürgerinitiative Pro Aurachtalbahn geführt. Ein gestartetes Bürgerbegehren ergab in kurzer Zeit 2.200 Unterschriften (12 % der Wahlberechtigten), wurde durch die Stadt jedoch juristisch gestoppt. Details finden sich auf der Internetseite www.pro-aurachtalbahn.com , auch ein Ausschnitt der unzähligen Leserbriefe, die die Meinung der Bürger widergeben.
Die nicht endenden fast täglichen Bürger-Wortmeldungen in der Presse sind Indiz dafür, dass es nicht gelungen ist, ein überzeugendes Konzept darzustellen, trotz aufwendiger externer Moderation und Beschäftigung einer Kommunikationsmanagerin, ausgestattet mit einer unbefristeten Vollzeitstelle BesGr. A13 (lt. Ausschreibung Feb. 2018). Man hat den Eindruck, dass versucht wird, einen nicht passenden Anzug unter Einsatz unbegrenzter steuerlicher Mittel für Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Werbung als perfekten Maßanzug zu verkaufen.
Dass eine politisch getriebene, von Intraplan ausgearbeitete und begründete Vorschlags-Trasse am Ende von Intraplan zur im Kern unveränderten Vorzugstrasse erkoren wird, erweckte den Anschein perfekt inszenierter, inhaltlich jedoch rein akklamatorischer Rechtfertigungsveranstaltungen und Kommentaren wie „monströs aufgeblähte Alibi-Veranstaltung“ (NN v. 19.10.2017), oder „Kosten für die aufwendig gestaltete Nahezu-Alibi-Veranstaltung hätte man sich getrost sparen können“ (NN v. 1.8.2019).
In dieses Bild passt, dass der Zweckverband sich in diesen Tagen wie im Wahlkampf mit Plakatierungen und Anzeigen feiert (s. Anlage 19).
Zusammenfassung
Die o.g. zahlreichen offenen Fragen betreffen viele relevante Belange wie Wirtschaft, Verkehr, Siedlung, Natur und Landschaft.
Wir sind überzeugt, dass bei einem neutralen Fakten-Check das StUB-Projekt in der vorliegenden Form landesplanerisch nicht befürwortet werden kann.
Viele Herzogenauracher Bürger erwarten, dass eine ausstehende, neutrale und umfassende Prüfung vorrangig zu einer Reaktivierung der existierenden Trasse mit einer S-Bahn-Nutzung führen würde, evtl. im Zusammenspiel mit einer modifizierten StUB in einem Nord-Korridor.
Wir bitten darum, uns den fristgerechten Eingang dieses Schreibens kurz schriftlich zu
bestätigen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Dittrich
Die Initiatoren der Bürgerinitiative Pro Aurachtalbahn

Unterstützer der Einwendungen der Bürgerinitiative Pro Aurachtalbahn
54 engagierte Personen aus der Region haben sich mit unserer Aktion solidarisch erklärt
Es liegen schriftliche Einverständniserklärungen vor. Aus Datenschutzgründen haben wir die Namen nicht veröffentlicht
Verwendete Anlagen